Die guten alten Zeiten …

 

… kommen nicht zurück.

Oder doch? Zumindest gibt es nun Jürgen Kuttners Sprechfunk wieder – nicht on air, aber on line mit Kameramitschnitt und hernach als podcast.

Ich bin begeistert und höre wieder zu; stelle mir aber auch die Frage, ob ich nicht nur deshalb so glücklich beim Hören bin, weil ich mich angesichts Kuttners klug-eloquentem Berliner Schnauzenmundwerk ein bisschen wie in jene Zeiten zurückversetzt fühle, als ich mit Anfang Zwanzig seine Sendung abends-nachts in meiner selbredend fernsehfreien kleinen Einraum-AußenWC-Buchte hörte. Selbst die schlimmsten Zeiten waren ja gefühlt oft besser als die gegenwärtigen –  denn wir waren jung. Und manches war damals ja vielleicht wirklich besser …

Zudem bewundere und verehre ich all jene Menschen, die sich mündlich und spontan klug, geistreich und durchdacht äußern können, schlagfertig sind und Argumentestark. Ich selbst fühle mich auf diesem Gebiet äußerst schwerfällig und wenn ich zum Sprechen aufgefordert werde und dann vielleicht auch noch diskutieren muss, dann bricht eine Verbindung zwischen Denkorgan und Mundwerk ab. Jegliche Struktur und alle Argumente sind verschüttet. Im besten Fall ergießt sich aus mir ein bla bla bla und erst in den Stunden danach kann ich Puzzleteile dessen zusammensetzen, was ich denn da nur dummes von mir gegeben habe. Wenn überhaupt.

Als ich gerade besonders stark mit dieser meiner Unfähigkeit haderte, weil ich meine Studienabschlußprüfungsnote – bei jeder Berufsbewerbung vorzulegen – durch mündiche HirnMundFehlleistung auf ein mir arg peinliches Niveau herabgesenkt hatte (und dann noch in Dauerschleife den gutgemeinten und doch erniedrigenden Ratschlag des jungschen Prüfungsbeisitzers im Ohr: Frau U, sie müssen die Dinge auch werten und in Beziehung setzen – als ob ich das nicht selbst wüsste und nicht sonst auch tun würde; er kannte mich nicht und hielt mich schlicht für klein und dumm und sich für großzügig, mich Dummerle ganz knapp nicht durchfallen zu lassen), hörte ich ein Radiointerview mit Kuttner, in dem er über eine ähnliche und doch andersartige Blockade berichtete: man lege ihm ein weißes Blatt Papier vor und sein Kopf sei augenblicklich leer, sagte er damals. Ich fühlte mich zwar nicht rehabilitiert, aber doch nicht ganz so allein – wenn sogar ein kluger Geist wie Jürgen Kuttner ähnlich gelagerte Probleme hat.

 

Wo Kuttners Sprechfunk nun per Videolivestream unter die Menschen gebracht wird, ergriff ich die Gelegenheit, machte ein paar Screenshots und versuchte mich beim Hören an ein paar Portraitskizzen; verkompliziert wird die Übung dadurch, dass mir Zeichnungen von Menschen mit offenen Mündern so gut wir gar nicht gelingen. … Und Kuttner kann sogar während er anderen zuhört seine Gusche einfach nicht halten.

Zwei der Kuttner-Skizzen aus dem Skizzenbuch zeige ich hier und natürlich folgt unten noch der Link zum Sprechfunk.

 

 

https://www.radioeins.de/archiv/podcast/sprechfunk_mit_kuttner.html

Autor: Ines Udelnow

Portraitzeichnungen, Zeichnungen aus der Natur und Naturfotografie

7 thoughts

    1. Das ist mir schon aufgefallen, dass Du auch gern zu Podcasts zeichnest, liebe Gerda; – bei mir potenziert sich manchmal so die Konzentration und es entsteht ein feiner Arbeitsflow.
      Lieben Dank für Deinen Kommentar und herzliche Grüße
      Ines

      Gefällt 1 Person

  1. Das kenne ich auch, was du da schilderst – die Leitung von Gehirn zum Mund ist bei mir an manchen Stellen unterbrochen, fehlgeleitet. Heraus kommt ein Stottern, ein wuschiges blabla und ich schüttel und winde mich innerlich. Deutsch Abi mündlich habe ich dadurch leider auch versemmelt – meine Deutschlehrerin schaute mich nur sprachlos an. Aber hey – wir haben andere Qualitäten!!!!
    Hab ein wundervolles Wochenende 😊🌼

    Gefällt 2 Personen

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