Mitternacht im Irrenhaus:
Zähneklappern, Schreiattacken.
Jede von uns hat so Macken.
Eine lässt’s am Pfleger aus
Kreischen, Hämmern, Brüllexzess
Sind ihr Lieblingsirrgesetz.
Laut kann sie’s! Das Kreischen dröhnt!
Zur Wehenzeit hab ich erst zweimal so getönt.
Notdienst? Spritze?
Wie nur hilft man ihr?
Wer kriegt diese arme Frau versöhnt?
Weiß es nicht.
Bin nicht erpicht
Dabeizusein bei ihrem Schrein.
Das Mütterchen von nebenan
Von diesem Lärm nicht angetan.
Denkt sie an die Zeit im Bombenkeller?
Pfleger, lauf doch, lauf doch schneller.
„Bitte, Bitte – Bitte, Bitte
Schickt doch jemand“,
Leiert es ihr Stimmchen schwach.
Lange bleibt die Alte wach.
Vierundneunzig Jahr
Ist Omilein
Und wahrscheinlich ganz allein.
Nach ihrer Mama rief sie vorhin laut,
Ihrer Schwester, ihrem Bruder.
Ohjemine! Ohjemine!
Welch gedankenloses Luder
Steckte sie zu uns hinein,
Die wir Wettbewerbe schrei’n!
Nach der Mami ruft sie immer wieder.
„Bitte bitte. Mami, hörst du mich?
Warum lässt du mich im Stich?
Traurig jault ein Herr
Im Zimmer gegenüber.
Hat mit Wölfischem Instinkt
In das Schrei’n sich eingeklinkt.
Fünf Zimmer weiter scheppert’s – Rums.
Ja, so ist das hier bei uns.
Ich bin auch hier,
Und mit Grund.
Male Monster, reime Schund!
Agnes Podczeck
Am 2. Oktober 2016
Nachts
Akutstation für psychisch Kranke
liebe, liebe agnes, immer wieder kann ich dich bewundern für deine offenheit.
auch ich habe langjährige psychiatrie erfahrung, doch auf einer geschlossenen station war ich sehr selten, wenn dann auf eigenen wunsch für eine nacht.
seit 30 jahren bin ich nun krank, ungefähr drei jahre meines lebens habe ich vollstationär in einer klinik verbracht (aber nicht hintereinander weg), dazu kommen mehrere tagesklinikaufenthalte.
besuche einer tagesstätte für psychisch kranke menschen.
doch so wie du das erleben dort im gedicht verarbeiten kannst, kann ich es nicht.
meine gedichte handeln meist von der dummen politik und den dummen entscheidungen von politikern.
so reich aus deiner gefühlswelt kann ich nicht schreiben, wenn dann liest sich meist sehr übertrieben.
mit meinem gefühlsleben stehe ich manchmal noch auf kriegsfuß, denn von himmelhoch jauchzend bis zu tode betrübt ist es nicht weit.
allerdings soll ich als kind schon so gewesen sein, wie unserer mutter mal bescheinigte.
die ursache mag aber auch bei ihr zu suchen sein.
doch ist das nicht thema, sondern du.
ich freue mich jeden tag auf einträge von dir, auch wenn du dich nicht danach fühlst und doch schreibst, bin ich in gedanken bei dir.
dir würde ich gern von angesicht begegnen, um dich freundschaftlich in den arm zu nehmen.
du hast viel kraft, denn du kämpfst gegen die innere stimme, die dich runterzieht, denn diese stimme kenne ich auch.
bitte, gib nicht auf.
auch, wenn die kinder jetzt wieder beim vater sind, sie denken bestimmt nicht, dass du eine schwache mutter bist. sie sind kinder und wissen von solchen krankheiten wie wir sie haben noch nix, aber du kannst es immer wieder erklären.
agnes, hab einen angenehmen tag, meine gedanken sind bei dir.
LikeGefällt 1 Person
agnes, komm jetzt da raus! was willst du noch da? brauchen dich nicht deine kinder? mach endlich, dass du da raus kommst!
LikeGefällt 1 Person
Sie brauchen mich. Ich hab heute Nacht einen ganzen Beitrag dazu geschrieben. Raus kann ich nicht.
LikeGefällt 1 Person
😱😱😱
LikeGefällt 1 Person
Ja, wenn ich hier draußen bin, kann ich vielleicht darüber lachen. Oder es wäre ein super Bühnenstück, Roman oder Gruselfilm. Jetzt habe ich Ohrstöpsel in den Ohren und liege in meinem Zimmer. Hier ist heile Welt
LikeGefällt 1 Person
Wenn ich das lese, könnte ich nie und nimmer glauben, dass man dabei gesund werden kann. Bestenfalls könnte man mich durch Tabletten ruhig stellen, aber mehr nicht.
Ich glaube, ich gehe wo anders hin, wenn ich eigentlich auf die Psychiatrie aus irgendeinem Grund müsste.
Sehr verstörend!
Einen lieben Gruß zu dir
LikeGefällt 2 Personen
Es ist verstörend, und dennoch denke ich, dass ich gerade hier sein muss, damit es mir besser gehen kann. Vielleicht wird auf einer anderen ruhigeren Station noch ein Platz für mich frei. Gerade ging ein Wechsel nicht.
LikeGefällt 1 Person