Meine Mutter habe ich zu ihren Lebzeiten nie gezeichnet. Zunächst war ich selbst aufgrund meiner Krankheit nicht in der Lage, mich ihr auf diese Weise anzunähern, sondern hatte das Verlangen nach Rückzug und Abstand. Ich hatte ja auch im Sinne, wir würden noch mindestens zwei Jahrzehnte miteinander haben und es wäre genügend Zeit …
Dann, als es begann mir besser zu gehen und eine Annäherung wieder möglich war, war ihr Krebs machtvoll zurück in unser Leben eingedrungen und sie nicht in einer Verfassung, in der ich sie um eine Portraitsitzung bitten mochte. Ich hielt es auf eine gewisse Weise für pietätlos, sie in ihrer Schwäche und dem zunehmenden körperlichen Verfall darzustellen. Als sie auf dem Totenbett lag, hatte ich kurz darüber nachgedacht, eine Zeichnung anzufertigen, dann aber gefühlt, dass das für mich nicht richtig wäre und ich damit eine unsichtbare Grenze überschreiten würde.
Gestern Abend war für mich der Moment, in dem ich – nach einem Foto – zum ersten Mal eine Portraitskizze meiner Mutter in Angriff nahm. Traurig, aber irgendwie auch tröstlich. Es ist eine erste Annäherung und weitere Zeichnungen werden folgen.
Morgen wird es ein Jahr her sein, dass ich zum letzten Mal in ihre Augen schauen durfte.
Ich kann dich so gut verstehen, Ines!
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Danke!
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Man nähert sich den Eltern an, im Alter, manchmal auch gruselig – schliesslich wollte man in der Jugend doch Abstand gewinnen…..
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Ja, genau so ist es …
Ich kann mich noch gut erinnern, wie erschrocken meine Mama war, als zu zum ersten Mal in ihrem Gesicht das Abbild ihres frisch verstorbenen Vaters sah. Nun geht es mir also genau wie ihr.
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Meiner auch! Berührendes Bild! Mir geht’s übrigens ähnlich mit meiner Mutter. Je älter ich werde, desto mehr sehe ich sie, wenn ich vor dem Spiegel stehe.
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:-)
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War auch mein erster Eindruck:große Ähnlichkeit
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Du siehst ihr ähnlich, oder?
Sehr berührend, Dein Text. Liebe Grüße. Birgit
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Danke!
Und ja, je älter ich werde, im so mehr habe ich das Gefühl, morgens im Spiegel auch immer sie zu sehen.
Liebe Grüße
Ines
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Das Gefühl kenne ich gut … Herzliche Grüße, Silvia
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Herzliche Grüße auch zu Dir
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