Er hört sie tuscheln und kichern. Als es ihm gelingt, seinen Kopf in ihre Richtung zu drehen, schweigen sie, senken den Blick und verbeugen sich tief. Dabei grinsen sie, er kann das doch sehen! Wie er sie hasst, diese Speichellecker. Früher hätte er dieses Pack keine Sekunde an seinem Hof geduldet. Hinausgejagt, ausgepeitscht, die Hunde auf sie gehetzt.
Aber diese Zeiten sind wohl vorbei. Jetzt hat sein Ministerrat das Sagen und seitdem tummeln sich diese verweichlichten Herzöge, Junker und Bourgeois in seinem Schloss und fressen die Staatskasse leer.
Seine Untertanen hassen ihn. Dabei hat er nur gemacht, was sein Vater ihn gelehrt hatte: ein Herrscher muss streng sein – hart und unnachgiebig. Er sei grausam gewesen, sagen sie. Ein Tyrann! Doch das Volk braucht die Knute. Unmündige Kinder sind sie alle, wissen nicht, was für sie gut ist
Ach! Was für ein Hans Wurst aus ihm geworden ist! Seine Diener hieven ihn morgens auf den Thron und dort sitzt er sich dann den ganzen Tag den Hintern wund, während die Höflinge sein Königreich ruinieren. Wenn er doch nur einen Sohn hätte, einen würdigen Thronnachfolger. Der hätte die ganze Bagage zum Teufel gejagt.
Viel zu viel Zeit um nachzudenken hat er jetzt.
Er erinnert sich an Roswitha, seine zweite Frau. Zugegeben, er hat sie schlecht behandelt, aber er musste sich doch schützen vor diesem Gefühlsduselzeug. Zum Wohle seines Königreiches! Der Tod seiner ersten Gemahlin hatte im damals das Herz gebrochen. Ein ganzes Jahr lang war er regierungsunfähig, am Ende stand sein Land dem Ruin. Er durfte nie wieder eine Frau so nahe an sich heranlassen. Dass Roswitha darüber den Verstand verloren hat und sein Schneewittchen fast umgebracht hätte – ist das denn seine Schuld?!
Erst hatte er gelacht, als Roswitha ihn verfluchte, bevor sie sich das Leben nahm.
Und jetzt? Seine Zunge – gelähmt, Arme und Beine gehorchen ihm nicht mehr.
Nichts ist ihm geblieben, nichts, nichts, nichts.
Und niemand!
Die Tage sind lang.
Falls Ihr Euch fragt, was dieser #inktober sein soll, lest >>HIER<<.
Es wird immer besser und geht deutlich über das Märchen hinaus. Du denkst doch hoffentlich nicht daran aufzuhören …..
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Nein, nein, liebe Myriade. Ich mache weiter. Nur wird es doch hin und wieder Pausen geben. Neben meinem sonstigen Pensum Zeichnung UND Text pro Tag, das ist doch schon ein ziemlicher Aufwand. Auch wenn es weiterhin riesigen Spaß macht.
Ganz liebe Grüße
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ach, so war es mit Schneewittchens Vater! Wie gut du es erzählst – in Bild und Text! Du hast wirklich dein Medium gefunden. (oder eins deiner Medien).
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Liebe Gerda, lieben Dank :-)
Gestern war ich erst ein wenig unzufrieden, weil es mit der Perspektive und den Proportionen nicht so ganz stimmig ist. Dann habe ich mich gefragt, ob mich das bei Zeichnungen von anderen wirklich so stören würde. Die Antwort war: nein ;-)
Liebe Grüße
Agnes
…lieben Dank für die Verlinkung :-)
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