#INKTOBER2018 08: star und abc.etüden 41.42.18 – Ein Märchen von der Bösen Königin

 

Heute gibt es zwei Beiträge in einem.

Zum einen meine Zeichnung zum #inktober zum heutigen Begriff „star“. Erst hatte ich vorgehabt, die Zeichnung später noch mit Aquarellfarben zu kolorieren. Doch während des Trocknens der schwarzen Tusche kam mir die Idee, zum Thema gleich noch eine abc.etüde zu schreiben. Schließlich fragt sich nicht nur Reiner, wie tief der Hass der Bösen Königin auf Schneewittchen sitzen muss, dass sie trotz ihrer schmerzenden Füße derartige Strapazen auf sich nimmt (Siehe mein Beitrag zum #inktober von gestern).  Und so geht mein Abend also schreibend zu Ende.

Die aktuellen Wörter – Genuss, skrupulös und schneiden – sind eine Spende von von Gerda Kazakou. Bei den Etüden kann jede und jeder mitmachen. Die Regeln findet ihr bei Christiane, die dankenswerterweise diese wundervolle Blogaktion betreut.

 

 

 

Früher war sie der Star am Königshaus. Im ersten Jahr ihrer Ehe war der König war geradezu krankhaft in sie verliebt gewesen. Sein höchster Genuss war es, seine Königin anzusehen und ihrer Schönheit zu huldigen.

Dann wurde sie schwanger und alles änderte sich. Als ihre morgendliche Übelkeit begann, ließ er sich ein eigenes Schlafzimmer einrichten und war geradezu skrupulös darauf bedacht, seiner Frau so fern wie möglich zu bleiben. Sie vermisste ihn und weinte lange.

Als er ihr später wieder einen Besuch abstattete, war ihr Bauch bereits rund geworden, die Beine aufgedunsen und ihre Wangen eingefallen. Er war entsetzt und sagte ihr ins Gesicht, wie hässlich sie geworden sei. Dann ging er und ließ sie mit gebrochenem Herzen zurück.

Als das Kind tot geboren wurde, vergnügte er sich gerade mit einer seiner neuen Mätressen. Sie trauerte allein und wartete vergeblich auf seinen Besuch.

Dann verbannte sie alle Gefühle aus ihrem Inneren und hungerte sich in ihre frühere Figur zurück. Von weisen Frauen ließ sie sich in die Künste der Verführung und der Intrigen einweisen und so gelang es ihr nach und nach, ihre frühere Position als Erste Frau am Hofe wieder einzunehmen.

Doch nun war dieses Schneewittchen immer anmutiger und schöner geworden. Alle tänzelten jetzt um die junge Prinzessin herum – und auch der König war neuerdings ganz angetan von seiner Tochter aus erster Ehe. Dass er diesem Gör mehr Beachtung schenkte als ihr – das ging zu weit.

Sie warf einen bitteren Blick in den sprechenden Spiegel. Krähenfüße hätte sie neuerdings bekommen, hatte der gesagt. Und hängende Haut an den Oberarmen! Sie würde schon eine Heilerin auftun, die Abhilfe schaffte. Und mit Schneewittchen würde sie schon selbst fertig werden!

Schneewittchen – schöner als ich? Wenn du dich da mal nicht geschnitten hast!

 

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Zu Gerda geht es HIER und zu Christiane DORT entlang.

Falls Ihr Euch fragt, was dieser #inktober sein soll, lest  >>HIER<<.

 

 

Autor: Ines Udelnow

Portraitzeichnungen, Zeichnungen aus der Natur und Naturfotografie

26 thoughts

  1. Agnes, das ist ja hier wie ein Aufklärungsblog für dumm gebliebene Märchenleserinnen! Bisher dachte ich doch immer, dass nur die Königin die Böse sei, die mit ihrem schlechten Charakter das liebe Schneewittchen nicht dulden wollte. Doch bei dir bekommt sie ja von mir Bonuspunkte, denn wer von seinem Mann in der Schwangerschaft soooooooooooooo behandelt wird, muss schon fast ein Übermensch sein, um nicht auch schlecht zu werden. – Dass der König so ein Ar………mleuchter ist, lese ich heute wirklich zum ersten Mal. DANKE! sagt Clara

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      1. Nee, aber sie ist schon spannend – von Neukölln unter dem ehemaligen Osten (Jannowitzbrücke) durch, Prenzlauer Berg, Wedding und Reinickendorf. Spannende Strecke 😄

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      2. Aber fährt sie denn nicht ausschließlich unterirdisch? Oder sind allein die Passagiere für deine Zeichnungen so spannend?
        Ich fahre jeden Do mit ihr – aber nur zwei Stationen von Hermannstraße bis Boddinstraße und dann gehe ich „zocken“, nein, Doppelkopf spielen.

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  2. Ich bin hell begeistert! deine Zeichnung ist Klasse, und dein Interpretationsansatz erhellend: wie Bosheit entsteht. Jetzt fragt sich nur noch, wie man das Verhalten des Königs interpretieren könnte, um ihn nicht NUR schlecht aussehen zu lassen. .

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    1. Liebe Gerda, ja, genau. Über den König denke ich auch nach. Denn auch er ist ja von irgendwem und irgend etwas geprägt worden und hat eine Geschichte, die vielleicht nicht entschuldigt, aber erklärten kann.
      Für heute und morgen habe ich schon andere Märchenassoziationen und Ideen, was ich zeichnen möchte. Aber vielleicht komme ich beim Thema „grausam“ wieder auf den König zurück. Mal sehen …
      Liebe Grüße an Dich

      Gefällt 4 Personen

    2. Gerda, ich lese deinen Kommentar erst nach dem Schreiben von meinem – aber ich sehe, wir haben die gleichen Gedankenansätze. MÄNNER – schwach und willenlos, so oft – aber manchmal auch stark und schön und begehrenswert – vor vielen, vielen Jahren :-)

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  3. Toll, liebe Agnes, wie du deine Märchenzeichnungen mit den Etüden verbunden hast! Ich habe noch nie hinterfragt wie die Stiefmutter böse geworden ist, Neid und Eifersucht spielten immer eine Rolle, aber immer mehr in Bezug auf eigene Töchter, dass es aber der Mann gewesen ist, der dies provozierte das ist eine sehr plausible Sicht!
    Herzliche Grüße, Ulli

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    1. Liebe Ulli, herzlichen Dank für Deinen Kommentar.
      Früher habe ich mir solche Fragen auch nicht gestellt. Für mich war die Stiefmutter eben böse und Punkt. Heute frage ich mich das eigentlich ständig – warum sind die Leute, wie sie sind. Vielleicht kann das helfen zu verstehen und zu vermitteln.
      Herzliche Grüße auch zu Dir!
      Agnes

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  4. So gesehen tut sie mir leid. Sie steckt in einer Situation, in der sie eigentlich nur verlieren kann. Gegen das Alter, gegen den Mann, der sich als Arschloch herausgestellt hat. Da sind Alternativen rar.
    Danke für Zeichnung und Etüde! Eine schöne Idee, beide zu verbinden.
    Liebe Grüße
    Christiane

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  5. Genau SO wird es gewesen sein.
    Wieder die Männer 😎

    Vielleicht sollte mal ein Gegenentwurf geschrieben werden .. wobei die Sache mit der Eitelkeit und den Begleitern des älter-werdens Frauen wahrscheinlich mehr zu schaffen macht als Männer. Obwohl 😀

    Guten Morgen Dir!

    Gefällt 2 Personen

    1. Ja, das ist jetzt noch eine ganz andere Geschichte: die Perspektive des Königs. Den müsste ich auch mal auf die psychiatrische Couch legen … Was dann vielleicht folgt: Die dramatische Geschichte von Schneewittchen als eine Kette unglücklicher Missverständnisse. Nicht umsonst sagt man, die Leute sollten lieber mehr miteinander reden, über Gefühle und so ;-) Wohin das sonst führen kann, sehen wir ja im Märchen ;-)

      Einen Guten Morgen (bzw. Mittag) auch für Dich!

      Gefällt 3 Personen

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