#INKTOBER2018 15: weak (schwach): Das Rübchen

 

Es hätte mich auch interessiert, angesichts des heutigen Themas weak (schwach) Aschenputtels Vater in den Fokus zu stellen. Drängt sich mir doch die Frage auf, warum er tatenlos zusieht, wie seine Tochter gedemütigt und misshandelt wird? Ist er zu schwach, um einzugreifen? Oder bemerkt er es nicht, was auch nicht für besondere (Charakter)stärke des Vaters spräche? Oder schaut er bewusst weg?

In dem berühmten Märchenfilm vom Aschenbrödel ist die Frage schlau gelöst: der Vater war einst fair und gerecht, doch lebt er nun nicht mehr und kann seine Tochter nicht mehr beschützen.

 

Aber schließlich hatte ich heute Lust auf eine leichte, bunte und beschwingte Geschichte und da war mir ein bekanntes russisches Volksmärchen eingefallen, das einige von Euch bestimmt kennen. Als Kind hatte ich sogar eine Schallplatte davon, die ich sehr oft hörte. Später dann war dieses Märchen in meinem Gedächtnis verschütt gegangen. Bis heute.

Heute mache ich ein kleines Experiment:

Ich zeichnete, wie sonst die letzten Male auch immer, zuerst das Bild, das ich vor meinem inneren Auge sehe – heute wollte ich hauchdünnen (schwachen) Fineliner verwenden und kolorierte anschließend zart (schwach ;-) ) mit Aquarellbuntstiften.

Jetzt schreibe ich das Märchen so nieder, wie ich es in Erinnerung habe. Und erst danach suche ich den Text im www, der dort gewiss nur drei mal Klick und Enter entfernt ist.

Also:

 

Das Rübchen

 

Großvater hatte ein Rübchen gesteckt. Er hegte und pflegte es viele Wochen lang.

„Wachse, mein liebes Rübchen, wachse!“, sagte er ihm jeden Tag.

Und das Rübchen wuchs. Es wuchs und wuchs und wurde riesengroß. Großvater freute sich.

Als das Rübchen reif war, wollte er es ernten. Er fasste das Rübchen und zog. Und zog. Und zog. Doch er konnte es nicht herausziehen.

Da rief er die Großmutter: „Großmütterchen, komm und hilf mir ziehen.“

Die Großmutter kam, fasste den Großvater, der Großvater fasste das Rübchen und dann zogen sie. Sie zogen und zogen, doch sie konnten es nicht aus der Erde ziehen.

Da rief die Großmutter das Enkeltöchterchen: „Maschenka, komm! Komm und hilf uns ziehen.“

Das das Mädchen kam, umfasste die Großmutter, diese fasste den Großvater und der Großvater fasste das Rübchen. Sie zogen und zogen und zogen. Doch wieder vergebens.

Da rief das Mädchen den Hund: „Wowa, komm!“

Der Hund kam, fasste das Mädchen am Zopf, das Mädchen umfasste die Großmutter, die Großmutter den Großvater und alle vier zogen mit aller Kraft, die sie hatten. Doch sie konnten das Rübchen nicht aus der Erde bringen.

Der Hund bellte, die Katze kam. Die Katze packte den Hund am Schwanz, der Hund fasste das Mädchen am Zopf, das Mädchen umfasste die Großmutter und die Großmutter fasste den Großvater. Mit vereinten Kräften zogen sie. Ohne Erfolg.

Da kam das Mäuschen und wollte auch helfen. Doch alle lachten und riefen: du bist doch viel zu klein und zu schwach. Das Mäuschen aber ließ sich nicht beirren. Auf einen Versuch käme es doch an, oder?

Da hielt die Katze dem Mäuschen ihren Schwanz hin. Das Mäuschen packte die Katze, die Katze hielt sich am Hund, der Hund zog am Zopf der Enkeltochter, diese umfasste die Großmutter und die Großmutter fasste den Großvater. Sie zogen und zogen und zogen. Und auf einmal hatten sie das Rübchen aus der Erde gezogen. Sie plumpsten auf die Erde und freuten sich.

Und die Moral von der Geschicht’?

Glaub’ niemandem, dass du ein Schwächling bist.

 

* * *    * * *   * * *

 

 

Na, wer sagt es denn: Auf YouTube gibt es sogar meine alte Schallplatte zum Nachhören. Und siehe da: so weit davon entfernt ist meine Version auch nicht. Aber ich habe das Märchen auch wirklich oft genug gehört. Er werden sich in mein Gedächtnis wohl ebensolche Rillen eingeprägt haben wie die der Schallplatte.

Falls Ihr es hören möchtet: Nur zu! Das Märchen dauert weniger als drei Minuten.

Viel Spaß :-)

 

#inktober

#inktober2018

https://inktober.com/rules/

Autor: Ines Udelnow

Portraitzeichnungen, Zeichnungen aus der Natur und Naturfotografie

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