Mittwochabend, 17. März 2021

Die aktuellen Lockerungen der C-Maßnahmen habe ich nicht für einen Friseurbesuch genutzt. Die ehemals kurzen Haare wuchern so vor sich hin, aber solange draußen noch Mützenzeit ist, lässt sich die zunehmend unansehnliche Haarpracht gut verstecken. Für das Mittwochsselbstportrait heute hatte ich auch keine Lust, mich ohne Kopfbedeckung länger im Spiegel zu betrachten. Ich wollte eigentlich wieder eine Mütze aufsetzen. Doch dann fiel mir mein rotes großes Schaltuch in die Hände, das ich vor fünfzehn Jahren in Kasachstan gekauft hatte und band mir damit einen Turban. Mit dieser Kopfbedeckung war ich damals über die Berge über die (damals auch nicht mehr wirklich grüne) Grenze von Kasachstan nach Kirgistan zum Issyk Kul gewandert. Wahrscheinlich hatte ich auf dieser Tour sogar die Strickjacke im Rucksack, die ich heute trage, und die leider immer fadenscheiniger wird.

Und so wachen immer mehr Erinnerungen auf und ich träume mich zurück in den Tien Shan, denke an unsere kleine Wandergruppe, die wir uns zu fünft auf eigene Faust, anhand einer alten Karte aus Sowjetzeiten, nach Beschreibungen eines Professors aus Almaty und ausgestattet mit einem GPS-Gerät auf den Weg gemacht hatten. Unten ein noch analog erstelltes und gescanntes Foto, das mich mit Turban und Rucksack zeigt.

Seitdem bin ich fünfzehn Jahre älter, was ich meinem Gesicht durchaus ansehen kann – das Licht der Lampe an meinem Schreibtisch betont unübersehbar die kleineren und tieferen Furchen als Wahrzeichen gelebten Lebens, auf die mich mein Kind in dieser Woche auch noch einmal eplizit aufmerksam gemacht hat.

Autor: Ines Udelnow

Portraitzeichnungen, Zeichnungen aus der Natur und Naturfotografie

11 thoughts

  1. Was für ein schönes Bild! Ich mag deinen Gesichstausdruck und die grünen Augfen zum roten Turban sehr, und deine Reise-Erinnerungen scheinen sich im Ausdruck wiederzufinden.

    Gespräche mit Kindern über die Unterschiede der Hautbeschaffenheit zwischen ihnen und einem selbst sind schwierige Pflaster, wenn sie sich nicht rasch einem anderen Thema zuwenden können, finde ich.

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    1. Lieben Dank!
      Und was die Falten im Gesicht betrifft: ich habe da ja nur zurück bekommen, was ich meiner eigenen Mama mal zu ihrer Haut sagte (etwa so: solche Haut wie du will ich nie bekommen); und damals war sie sicher noch nicht einmal vierzig. Im Vergleich dazu war mein Töchterlein noch richtig lieb und höflich *lach*
      Liebe Grüße
      Ines

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      1. Ich dachte mir schon dass es aus Tochtermund gekommen sein musste. Ähnliches hatte ich zumindest des Öfteren gedacht, wenn ich meine Mutter angesehen habe, auch wenn ich es nicht ausgesprochen habe. Andererseits habe ich, etwas erwachsener schon, bei gemeinsamen Aufenthalten im Bad oft gedacht, dass ich glücklich sein werde, wenn ich in ihrem Alter noch so aussehen würde.

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      1. Das ist das gute an solchen Reisen, Ines, sie sind sehr nachhaltig.
        Kyrgyzstan und die umliegenden Staaten reizen mich sehr. Ob ich da wohl einmal hinkomme?????
        Es wäre schön.
        Kommen bei dir auch vereinzelt Schneetropfen vom Himmel?
        In diesem Sinne bis zum nächsten Mal,
        Susanne

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      2. Ich sehe auch meinem Fenster nichts, aber das liegt am dunklen Hinterhof. Im Friedrichshain und in Mitte schneite es aber, wurde mir vermeldet.
        Wenn Du mal in die Gegend reisen willst, kann ich Dir den Kontakt zu einer tollen Frau empfehlen, die zumindest damals solche Reisen organierte. Ich selbst war zu einem Praktikum dort und bin nicht mit ihr gereist, habe sie aber dort vor Ort getroffen.
        Liebe Grüße
        Ines

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